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Historie
Geschichte der Drucklegung von Schumanns Briefen
Auf etwa 20.000 Briefe ist die gesamte Korrespondenz Robert und Clara Schumanns zu schätzen. Zu Zeiten, wo es noch kein Telefon, keine E-Mails gab, war der Brief das wesentliche Kommunikationsmittel über weitere Distanzen hinweg. Robert Schumann hat den größten Teil der an ihn gerichteten Briefe gesammelt und geordnet. Diese 28 gehefteten Bände mit ca. 5500 Briefen gelangten aus dem Nachlass Clara Schumanns in die Staatsbibliothek in Berlin, wurden jedoch im zweiten Weltkrieg nach Schlesien ausgelagert und werden heute in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau/Polen aufbewahrt.

Die mit der Gesamtausgabe von Schumanns Werken befasste und durch das Akademienprogramm geförderte Düsseldorfer Robert-Schumann-Forschungsstelle ließ den kompletten Krakauer Briefbestand, die sogenannte "Correspondenz" verfilmen, sicherte sich die Rechte zu deren Publikation, fertigte Transkriptionen dieser 5.500 Briefe und erfasste sie in Datenbanken. Ergänzend dazu wurden alle ermittelbaren Briefe Schumanns in einer Datenbank erfasst und das in Zwickau aufbewahrte handschriftliche Verzeichnis der ca. 2.400 von Schumann abgesandten Briefe komplett transkribiert. Alle diese Vorarbeiten wurden 1996 einschließlich einer verstichwortetenen Literaturdatenbank von der Düsseldorfer Schumann-Forschungsstelle dem Zwickauer Briefprojekt zur Verfügung gestellt. Auch die Kommentierung der Brieftexte wurde und wird von der Düsseldorfer Forschungsstelle unterstützt.

Das Robert-Schumann-Haus Zwickau bewahrt Schumanns eigenhändige Briefverzeichnisse auf, wo er sowohl die von ihm geschriebenen als auch die empfangenen Briefe sorgfältig erfasste, oft mit Hinweisen zum Inhalt. Im Zwickauer Archiv befindet sich weiterhin der weltweit größte Komplex an Briefautographen von Robert und Clara Schumann: knapp 300 Briefe von Robert, mehr als 2.000 Briefe von Clara Schumann.

Schon die erste große Schumann-Biographie Wilhelm Joseph von Wasielewskis druckte 1858 70 Briefe Robert Schumanns aus den Jahren 1833-1854 in einem separaten Anhang ab. Bis 1904 erschienen weitere wichtige Ausgaben, die z.T. von Clara Schumann selbst betreut bzw. von ihr in Auftrag gegeben wurden: Jugendbriefe, hg. von Clara Schumann. Leipzig 1885, 4. [überarbeitete] Auflage 1910; Briefe. Neue Folge, hg. von Gustav F. Jansen. Leipzig 1886, 2. [stark veränderte] Auflage 1904; Hermann Erler, Robert Schumanns Leben aus seinen Briefen geschildert. Berlin 1886. Sie bieten jedoch nur einen Bruchteil des heute nachweisbaren Briefbestandes, die Brieftexte sind teilweise gekürzt wiedergegeben. Die mit knapp 1.100 Briefen bis heute vollständigste Schumann-Briefausgabe ist kurioserweise eine russische Übersetzung des mittlerweile verstorbenen Moskauer Musikwissenschaftlers Daniel W. Shitomirski. Neuere deutschsprachige Briefausgaben nach modernen Editionsprinzipien widmeten sich den Briefen in einzelnen Sammlungen, so der Bonner Universitätsbibliothek (hg. von Siegfried Kross, Bonn 1978/erw. 1982) und dem Bonner Stadtarchiv (hg. von Thomas Synofzik, Bonn 1993).

Fragment ist bis heute eine 1984 begonnene Edition des Briefwechsels zwischen Robert und Clara Schumann (hg. von Eva Weisweiler Bd. 1: 1984, Bd. 2: 1987, Bd. 3: 2001; Eva Weisweiler stellte ihre Materialsammlung für den nicht erschienenen Bd. 4 freundlicherweise für die Edition des Braut- und Ehebriefswechsels in der Schumann Briefedition zur Verfügung); separat erschienen einzelne Korrespondenzen Clara Schumanns. Vor diesem Hintergrund nahm – auf der Basis der in der Schumann-Forschungsstelle Düsseldorf geleisteten Vorarbeiten und mit deren Unterstützung - im September 1996 in Zwickau eine Arbeitsstelle Schumann-Briefedition ihre Tätigkeit auf, um durch die Erschließung und Publikation des Briefbestandes vertiefte Erkenntnisse zu Schumanns Biographie und den Beziehungen zu seinen Zeitgenossen zu gewinnen. Indem bewusst das Konzept einer Korrespondenzausgabe gewählt wurde, bei der auch die Briefe an Schumann eingeschlossen sind, erhält das Projekt eine grundsätzliche Bedeutung für die gesamte Musik- und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts.

Finanziert zunächst durch Projektförderung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst war das Projekt anfangs an den Lehrstuhl für Musikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz angebunden. Nach der Streichung dieses Lehrstuhls wurde das Zwickauer Projekt eine Zeit lang von der Volkswagenstiftung getragen, lag dann aber mehrere Jahre brach. In Kooperation mit der Hochschule für Musik Dresden sind die Arbeiten als DFG-Projekt im Oktober 2005 wieder aufgenommen worden, wobei in einer zweijährigen Phase zunächst Schumanns Verleger-Briefwechsel vorgelegt werden sollen. Gerade die Verlegerbriefe wurden in den um 1900 erschienenen Briefausgaben häufig in den entscheidenden geschäftlichen Passagen verkürzt, weil sie nicht in das Komponisten-Bild des verträumten Romantikers passten. Die Schumann-Briefedition erscheint im Verlag Dohr, die Drucklegung wird durch die Kunststiftung NRW (2008 bis 2016) sowie durch die Sächsische Akademie der Wissenschaften (seit 2013) gefördert.

aktualisiert Dienstag, 6. März 2018 updated

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